Liebe Kolleginnen und Kollegen!Ja, es stimmt. Wir haben gestern im Wirtschaftsausschuss mit dem Generalsekretär der IRENA gesprochen, aber wir wollen das einmal in einen richtigen Zusammenhang stellen. Es war nicht so, dass er gesagt hat: In Deutschland wird nicht genügend für die Energiewende getan. Vielmehr hat er das Gegenteil dargestellt und gesagt: Deutschland ist Vorbild für die Energiewende in der Welt. – Das müssen wir an dieser Stelle auch einmal so festhalten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU ‑ Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Seit einer Woche, also seitdem das BMWi den Vorschlag zur Einsparung der 22 Millionen Tonnen veröffentlicht hat, kennt die politische Erregung keine Grenzen mehr. Die Proteste gestern waren dabei der Höhepunkt. Dabei muss man doch ehrlicherweise sagen, dass das Minderungsziel von 40 Prozent bereits im Koalitionsvertrag steht, also eineinhalb Jahre bekannt ist, und dass der Kabinettsbeschluss zu den 22 Millionen Tonnen am 3. Dezember 2014 gefasst wurde, also auch schon längst bekannt ist. Deswegen sollte die Überraschung nicht zu groß sein.
Die Gespräche dazu, wie man diese 22 Millionen Tonnen zusätzliche Einsparung umsetzt, laufen bereits seit Wochen. Allerdings habe ich bisher keinerlei Ergebnisse gesehen. Es gab wenig konstruktive Zusammenarbeit in diesem ganzen Rahmen. Deshalb habe ich großes Verständnis dafür, dass das Ministerium nun einen Vorschlag vorlegt. Ich habe dafür jedenfalls größeres Verständnis als für die kontroverse Debatte, die sich aufgrund dieses Vorschlags daraus ergibt.
(Zuruf des Abg. Andreas G. Lämmel (CDU/CSU))
Ich muss bei genauerer Betrachtung sagen: Ich finde den Vorschlag durchdacht und gut. Er ist ein schlankes und effizientes Instrument.
(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schlank ist okay! ‑ Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schlaff!)
Aus meiner Sicht überrascht die Mechanik. Er setzt auf dem bestehenden ETS auf und ist zunächst einmal technologieoffen konzipiert. Im Gegensatz zu anderen Themen, die wir sonst miteinander behandeln, dürften wir also aus europarechtlicher Sicht erst einmal keine Probleme miteinander haben.
Das Hauptargument der Gegner des Klimabeitrags, sofern Argumente benutzt werden, ist, dass einige betroffene Braunkohlekraftwerke unwirtschaftlich sind und dementsprechend stillgelegt werden – mit Folgen auch für die dazugehörigen Tagebaue. Von dieser Angst getrieben, haben gestern viele Menschen gegen den Vorschlag protestiert. Ich habe großes Verständnis für die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger, und wir tragen in diesem Zusammenhang alle miteinander eine große Verantwortung für die Menschen, die direkt von unseren Entscheidungen betroffen sind.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Deshalb müssen wir uns intensiv mit den Auswirkungen beschäftigen und dürfen nicht gleich anfangen, aufeinander schimpfen. Ich möchte Sie alle dazu aufrufen, liebe Kolleginnen und Kollegen, das auch konstruktiv zu tun.
Ich gebe zu bedenken, dass die Stromproduktion thermischer Kraftwerke auch heute schon in einem gewissen Umfang der Last folgt. Und weil genau das so ist, erscheint es mir wahrscheinlicher, dass die alten Kohlekraftwerke nicht generell stillgelegt werden, sondern sich ihre Produktion stärker als bisher noch an der im Netz erforderlichen Last und damit am Markt orientiert. Das ist etwas, das uns auch in der Debatte zum Grünbuch und anschließend zum Weißbuch eigentlich zugutekommt und in die richtige Richtung geht. Mit dieser und mit anderen Fragen sollten wir uns intensiver beschäftigen und natürlich auch mit möglichen Alternativen. Dieser Vorschlag muss ja nicht zwingend das Ende der Fahnenstange sein.
Ernsthafte Alternativen vermisse ich allerdings bislang. Niemand will das Kind mit dem Bade ausschütten. Deshalb müssen die Beteiligten sachlich und konstruktiv miteinander reden. Ich bin froh, dass sich nun auch die Wirtschaft bereit erklärt hat, sich sachlich an der Diskussion zu beteiligen.
Einem sogenannten Alternativvorschlag möchte ich an dieser Stelle aber gleich den Wind aus den Segeln nehmen, und zwar ist es keine Option, einfach Zertifikate in Höhe von 22 Millionen Tonnen CO2-zu kaufen. Das käme nicht nur der deutschen, sondern vor allen Dingen der europäischen CO2-Bilanz zugute. Damit ist das keine Lösung.
In der ganzen Aufregung ein wenig untergegangen ist der Vorschlag zur Kraft-Wärme-Kopplung. Der derzeitige Deckel soll von 750 Millionen Euro auf 1 Milliarde Euro angehoben werden. Für mich ist noch viel wesentlicher: Wir wollen uns im Wesentlichen auf die KWK-Anlagen der Kommunen fokussieren, die zurzeit zwar nicht wirtschaftlich sind, aber trotzdem laufen müssen. Grundsätzlich ist es natürlich sinnvoll, da Emissionen einzusparen, wo viel zu holen ist. Bei den KWK-Anlagen oder bei großen Heizkraftwerken ist das eher nicht der Fall.
Es macht auch wenig Sinn, die Kraftwerke auf der einen Seite zu fördern und auf der anderen Seite von ihnen einen Klimaschutzbeitrag zu verlangen. Deshalb sollte man meiner Meinung nach vielleicht einmal darüber nachdenken, ob man nicht eine Form von Wärmegutschrift für die durch gekoppelte Erzeugung von Energie vermiedenen Emissionen einführen könnte. An diesem Punkt könnten wir das Papier doch weiterentwickeln.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns doch über die kommenden, vielleicht für uns alle etwas ruhigeren Ostertage sachlich über diesen Vorschlag und über andere Vorschläge reden und etwaige Alternativen prüfen, damit die Menschen im Lande sehen, dass wir verantwortungsvoll mit dieser Thematik umgehen und nicht leichtfertig Arbeitsplätze riskieren wollen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)