Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zweimal Milchpolitik an einem Tag: Das haben wir selten in diesem Hause. Aber ich finde, dass die Bäuerinnen und Bauern es verdient haben, dass wir uns mit der Situation auseinandersetzen und miteinander über die beste Lösung streiten. Ich glaube, Streit ist auch etwas, das die Kultur ausmacht und für die Bäuerinnen und Bauern auf jeden Fall richtig sein kann.
Halten wir an dieser Stelle fest: Das Problem sind Überkapazitäten im Milchmarkt. Wir haben es schon gehört: Das Angebot ist in der EU 2014 um 2,2 Prozent und 2015 um 3,8 Prozent gestiegen. Das heißt, wir haben ein zu großes Angebot im Milchmarkt.
Auf der Nachfrageseite haben wir einen deutlichen Nachfragerückgang erlebt, insbesondere bei den Exporten außerhalb der Europäischen Union.
Aber ich finde, dass es an dieser Stelle auch dazugehört, zu betonen, dass es gut ist, dass mittlerweile alle erkannt haben, dass der Markt insgesamt das Problem ist und nicht nur die Nachfrageseite.
(Beifall des Abg. Willi Brase (SPD))
Ich würde mir wünschen, dass die Bauernverbände in der politischen Debatte irgendwann wieder zusammenfinden und sich miteinander abstimmen, was die beste Lösung ist, damit wir nicht über Monate die Situation haben, dass der eine Hü sagt und der andere Hott.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Im Agrarmarktstrukturgesetz wird die Möglichkeit der Mengenabsprache zwischen Molkereien und Erzeugergemeinschaften geregelt. Das hilft sicher, aber ich glaube nicht, dass es das Problem löst. In Ostfriesland würde man sagen: Man hett eerst utleert, wenn all Finger gliek lang sind. Das heißt: Man lernt nicht aus im Leben.
Ich glaube, wir brauchen neue Standards und neue Rahmenbedingungen, vielleicht für eine zusätzliche und andere Milchwirtschaft. Wir haben viel über Landwirtschaft 4.0 geredet. Aber haben wir uns eigentlich auch Gedanken über Landwirtschaft 2.0 und 3.0 gemacht? Zu Landwirtschaft 2.0 gehört für mich zum Beispiel, dass Verbraucher einfacher in die Lage versetzt werden, wertvolle Milch, zum Beispiel Grünlandmilch, zu kaufen. Dazu gehört zwingend, dass diese Milch gekennzeichnet wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Diese Milch muss an bestimmte Voraussetzungen gebunden werden. Wer macht sich denn heute beim Milchkauf Gedanken über Zellzahlen, Omega-3-Fettsäure, über Bedingungen, wie Tiere im Stall und auf dem Feld gehalten werden, über gentechnikfreie Fütterung oder über die Frage, ob man nicht künftig Zweinutzungsrinder einsetzen kann, statt immer nur auf eine bestimmte Nutzung zu achten? Dass, wenn die Kennzeichnung richtig ist, die Verbraucher dies auch annehmen, sieht man wunderbar am Beispiel der Bodenhaltung von Hühnern im Bereich der Eierwirtschaft.
Zu Landwirtschaft 3.0 gehört aus meiner Sicht ein Blick auf die Forschungseinrichtungen im Bereich der Landwirtschaft. Das Ministerium unterhält sieben Forschungseinrichtungen mit einem Etat von mehreren Hundert Millionen Euro. Ich finde, liebe Kolleginnen und Kollegen, 10 Prozent für alternative Wege der Milchwirtschaft wären in dieser Krise gut investiertes Geld für Leuchtturmprojekte der neuen Milchwirtschaft und für Leuchtturmprojekte in der Milchverarbeitung. Wir wissen alle, jeder Euro, der darin investiert würde, würde fünfmal über Wertschöpfung wieder zurückkommen und kommt den ländlichen Räumen insgesamt zugute.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)