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Rede vom 09. Juni 2016 zur Verordnung zur Änderung der Verordnung über Vereinbarung zu abschaltbaren Lasten

Die Rede ging zu Protokoll
In Kürze werden wir das Strommarktgesetz verabschieden. Mit dem Strommarktgesetz wollen wir den Strommarkt deregulieren bzw. die Strompreisbildung dem freien Spiel der Kräfte am Markt übergeben. Akteure sollen an einem Markt aktiv sein, bei dem Flexibilitäten einen Marktwert haben und bei dem es Leistungspreise für Kapazitäten nicht mehr geben soll. Ein Drittel des in Deutschland verbrauchten Stroms kommt aus erneuerbaren Energien. In zehn Jahren soll es fast die Hälfte sein. Mit dem Strommarktgesetz wollen wir Flexibilitäten anreizen, für mehr Bilanzkreistreue sorgen, eine Netzund eine Kapazitätsreserve aufbauen und viele weitere Maßnahmen vollziehen, die für ein Funktionieren des Strommarktes 2.0 sorgen sollen. Kurz: Wir wollen den Strommarkt fit für die Energiewende machen. Und wir wollen und werden natürlich die Energiewende fortführen.Das bedeutet nicht nur, dass wir unseren Strom zunehmend und irgendwann komplett mit erneuerbaren Energien produzieren wollen. Das bedeutet auch, dass wir stets die Versorgungssicherheit gewährleisten wollen. Je mehr Erneuerbare wir im Netz haben, eine desto größere Herausforderung stellt diese Aufgabe dar. Wir agieren heute in einem europaweit verbundenen Stromnetz. Wir müssen und wollen deshalb die Versorgungssicherheit europaweit monitoren. Denn wie wir im November 2006 gesehen haben, kann ein Leitungsausfall in Deutschland auch schon mal halb Europa lahmlegen. Deswegen ist es richtig, dass wir weg von einer nationalen Leistungsbilanz hin zu einer europäischen Betrachtung gehen. 17466 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. Juni 2016 (A) (C) (B) (D) Für die Versorgungssicherheit reicht es aber nicht, die Erzeugung im Auge zu behalten. Man muss auch auf den Verbrauch schauen, um am Ende zu jedem Zeitpunkt die richtige Spannung im Stromnetz zu haben. Das ist gemeint mit: Wir wollen Flexibilitäten anreizen. Flexibilitäten gibt es in diesem Zusammenhang verschiedene, ob angebots- oder nachfrageseitig: Speicher, einen flexiblen Kraftwerkspark, verschiebbare Lasten, den Netzausbau oder die Sektorkopplung.Den Lasten kommt in diesem Zusammenhang eine immer größere Bedeutung zu. Mit der EnWG-Novelle Ende 2012 haben wir die Möglichkeit geschaffen, dass auch Anbieter abschaltbarer Lasten für Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Netz- und Systemsicherheit vertraglich verpflichtet werden konnten. Mittlerweile sind die abschaltbaren Lasten ein etabliertes Instrument, das wir nun aber, auch auf Basis des Evaluierungsberichts der Bundesnetzagentur, angemessen weiterentwickeln wollen. Wir wissen jetzt, welche Mengen derzeit in den beiden Segmenten an schnell und sofort abschaltbaren Lasten verfügbar sind, und wir wollen mit der Novelle die Anbieter näher an eine Wettbewerbssituation heranführen. Dafür werden wir die Regularien zu Mengen, Preisen, Ausschreibungszeiträumen und technischen Voraussetzungen anpassen und dieses Instrument dadurch gleichsam wirksam und effizient gestalten.Dadurch können mehr Industriebetriebe einen Beitrag für die Sicherheit des deutschen Stromsystems leisten. Das ist es doch, was wir wollen. Wir wollen, dass Verbraucher nicht nur Strich fahren, wir wollen, dass Verbraucher ihr Verhalten immer mehr an den Bedürfnissen des Strommarktes orientieren. Dafür gibt es unterschiedliche Instrumente. Demand Side Management oder Demand Response ist eines dieser Instrumente. Der Unterschied zu den abschaltbaren Lasten liegt hier vor allem in der Größe der beteiligten Unternehmen. Volkswirtschaftlich ist das äußerst sinnvoll, und ich bin mir sicher, immer mehr Betriebe werden auch den betriebswirtschaftlichen Nutzen erkennen. Dafür müssen wir aber noch viel trommeln, denn diese Signale kommen in den Betrieben bislang nur unzureichend an. Allerdings bestehen hier auch regulatorische Hemmnisse, denn die industriellen Netzentgelte reizen geradezu ein Strichfahren an – hier besteht also weiterer Handlungsbedarf. Bevor diese neue Verordnung zu abschaltbaren Lasten aber in Kraft treten kann, müssen wir übergangsweise aber noch mal die geltende Verordnung um drei Monate verlängern, um die betroffenen Unternehmen nicht unverschuldeten Härten auszusetzen. „Mutt wieede gaan“ sagt man in Ostfriesland – es muss eben weitergehen, um auch bei den abschaltbaren Lasten keinen Fadenriss zu verursachen. Ein solcher Fadenriss ist übrigens auch und gerade bei der OffshoreWindenergie unbedingt zu vermeiden. Ich bedaure außerordentlich, dass es bislang im parlamentarischen Verfahren nicht gelungen ist, Einigungen zu vielen wichtigen Gesetzgebungsvorhaben zu erzielen. Neben dem Strommarktgesetz sind das vor allem das EEG, aber auch das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende oder auch die Novelle des § 46. Ich bin aber zuversichtlich, dass bald auch die novellierte AbLaV in Kraft treten können wird.