
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Worum geht es im Strommarktgesetz? Es geht darum, etwas nicht zu machen, nämlich nicht einen Kapazitätsmarkt zu betreiben. Dieses Gesetz ist ein klares Bekenntnis zu einem Strommarkt – zugegebenermaßen mit dem Risiko der kurzfristigen Preisspitzen, aber auch mit der Chance des gesamten Bereichs der Flexibilitäten im Strommarkt, zum Beispiel durch die Stärkung der Preissignale, zum Beispiel für Speicher und für Demand-Side-Management. Wir ertüchtigen den Strommarkt 2.0 quasi in einem ersten Schritt auf dem Weg zu einem richtigen Energy-only-Markt. Es werden also Weichen für die Energiewelt der Zukunft gestellt, in der der größte Teil des verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammt. Damit bereiten wir die Grundlage des Zeitalters der erneuerbaren Energien endgültig vor.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geht es auch ein bisschen kleiner?)
Das Zeitalter der erneuerbaren Energien wird von weniger fossilen Energieträgern, von fluktuierenden Einspeisungen, von CO2-freier Energie und davon geprägt sein, dass sich der Verbrauch zum Teil auch an der Stromproduktion orientieren kann. Dafür brauchen wir dringend ein Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende; darüber haben wir im vorletzten Tagesordnungspunkt miteinander beraten. Ich finde es gut, dass der alte Ferraris-Drehstromzähler jetzt endlich der Vergangenheit angehören kann.
(Beifall bei der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Damit hat auch keiner ein Problem!)
Die Zieltrias der Energiewende lautet: Sicher, sauber, bezahlbar. Wir regeln mit diesem Gesetz die Versorgungssicherheit. Wir haben in Deutschland eine enorm hohe Versorgungssicherheit; das wird wohl niemand bestreiten. In einem sich schnell und radikal ändernden Umfeld der Energiewende wollen wir sie aber auch in Zukunft gewährleisten. Beim Strommarktgesetz liegt der Fokus der Zieltrias auf dem „sicher“. Menschen sollen sich darauf verlassen können, dass der Strom aus der Steckdose kommt – immer!
(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Immer, jawohl!)
Wir produzieren in Deutschland mehr Strom, als wir benötigen. Wir haben mehr Kraftwerke, als wir wirklich brauchen. Aber so einfach lässt sich Versorgungssicherheit leider nicht erklären; denn wir bilden einen Stromverbund mit unseren „elektrischen Nachbarn“, also den Nachbarn, die ein Kabel direkt mit uns verbindet. Der Strom bewegt sich frei zwischen den Ländern im Rahmen der Grenzkuppelkapazitäten. Zum Teil haben Kraftwerke in Deutschland direkte Verträge mit dem Ausland. Sie produzieren gar keinen Strom für deutsche Kunden und können also auch nicht zur Versorgungssicherheit in Deutschland beitragen. Deshalb müssen wir die Versorgungssicherheit europäisch denken, und das ist einer der Leitgedanken dieses Gesetzentwurfs.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Um sicherzugehen, dass die Versorgungssicherheit immer gewährleistet ist, brauchen wir mindestens in einem Übergangszeitraum trotz europäischen Stromsystems Reserven. Wir brauchen die Netzreserve; sie beträgt derzeit 6 Gigawatt. Der Bedarf wird von der Bundesnetzagentur regelmäßig ermittelt und soll regelmäßig angepasst werden. Die Netzreserve brauchen wir zur Gewährleistung der Stabilität des Stromnetzes in Deutschland. Es ist auch vorgesehen, eine Netzstabilisierung speziell in Süddeutschland vorzunehmen, nämlich eine Netzreserve in Höhe von 2 Gigawatt ab 2021. Das ist vorübergehend erforderlich, nämlich bis der Leitungsausbau tatsächlich so erfolgt ist, wie wir es beim Ausbau der erneuerbaren Energien geplant haben. Ich möchte an dieser Stelle aber einen dringenden Rat geben, nämlich den, dass diese Netzstabilisierung in Süddeutschland mit kleinen, modularisierten Anlagen vorgenommen wird und nicht mit Großkraftwerken; das zu sagen sei mir an dieser Stelle gestattet.
(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Guter Rat!)
Wir brauchen eine Kapazitätsreserve.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben Reserven ohne Ende!)
Eigentlich brauchen wir diese Kapazitätsreserve in einem funktionierenden Strommarkt nicht, aber diese Kapazitätsreserve ist für den Fall einer Marktstörung, zum Beispiel, wenn ein Stromlieferant kurzfristig ausfällt, notwendig. Das kann durch Unfall, einen Anschlag, durch Konkurs passieren. Dann springt die Kapazitätsreserve ein und stellt die Versorgungssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger her.
Wichtig ist mir an dieser Stelle, dass wir diese Reserven auch mit einer gewissen Transparenz ausstatten, damit die Menschen wissen, dass diese Reserven nicht, wie einige irrigerweise behaupten, überflüssig sind, sondern dass sie „gemonitort“ werden. Den Bürgerinnen und Bürgern wird klargemacht, dass die Reserve erforderlich ist.
(Beifall bei der SPD)
Ich habe durchaus Verständnis für die Kritik der Opposition an der Geschwindigkeit des Verfahrens. „So’n Gesetz schküllert man neet eenfach so ut’ Mau“, sagt man in Ostfriesland. Das heißt, man braucht Zeit, um sich mit dem Gesetzentwurf zu beschäftigen. Allerdings hat dieser Gesetzentwurf fast zwei Jahre Vorlauf. Es gab ein enorm offen kommuniziertes Grünbuch-Verfahren mit einer anschließenden Konsultation. Es gab daraufhin ein enorm breit angelegtes Weißbuch-Verfahren mit einer entsprechenden Konsultation, sodass ich an dieser Stelle mit Fug und Recht behaupten kann, dass es auf der Zielgerade keine großartigen Überraschungen mehr gibt. Und die Zeit drängt; denn am 1. Oktober soll das erste Kraftwerk in die Sicherheitsbereitschaft übergehen. Dass wir das alle miteinander wollen, das haben wir schon in ganz anderen Kontexten festgestellt.
Kurzum: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird einer der drei Eckpunkte der zukünftigen Energieversorgung sichergestellt. Er sorgt für Versorgungssicherheit für die Menschen in Deutschland, und damit ist er ein guter Gesetzentwurf. Die SPD-Fraktion wird diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)