Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
In der Stadt Wiesmoor in Ostfriesland, einem Zentrum des Gartenbaus in Deutschland, findet jedes Jahr ein Blütenfest statt. Es ist eine wundervolle Veranstaltung mit gesteckten Wagen, mit Dahlien, die dort in ehrenamtlicher Arbeit gesteckt werden. Es gibt einen Blütenkorso und die Wahl einer Blütenkönigin. Das Ganze endet mit einer eindrucksvollen Veranstaltung „Kanal in Flammen“. Ich lade Sie alle herzlich nach Wiesmoor ein, denn ein Besuch lohnt sich zu jeder Zeit, aber natürlich auch zum Blütenfest.
In Ostfriesland ist der Gartenbau wie in vielen ländlichen Regionen Deutschlands ein wichtiger Bestandteil, denn er generiert Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Wir von der SPD, meine Damen und Herren, wollen, dass das auch so bleibt. Das sage ich hier ganz deutlich.
(Beifall bei der SPD)
Dieser wertvolle Beitrag des Gartenbaus schlägt sich natürlich auch in Zahlen nieder. Die will ich jetzt nicht im Einzelnen nennen, die können Sie aber in unserem Antrag nachlesen. Herr Kollege Mahlberg hat ja auch darauf hingewiesen. Nur so viel: Deutschland bietet seit Jahrzehnten den größten europäischen Verbrauchermarkt für Blumen und Pflanzen. Der Gartenbausektor ist eine innovative Branche, ohne die der ländliche Raum nicht nur ein kleines, sondern ein großes Stück ärmer wäre. Deswegen ist er für uns im ländlichen Raum wichtig.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Das Wetter ist und bleibt aber der größte Unsicherheitsfaktor für den Gartenbau. Das eint den Gartenbau mit den erneuerbaren Energien, neben dem Gartenbau einer der weiteren wichtigen Wertschöpfungsfaktoren in ländlichen Regionen. In Ostfriesland gibt es nicht nur viele Gartenbaubetriebe, es gibt auch viele Windenergieanlagen. Die Übertragungsnetzbetreiber haben kürzlich die EEG-Umlage für das nächste Jahr bekanntgegeben. Sie ist mit 6,88 Cent pro Kilowattstunde erneut leicht gestiegen. Gleichzeitig steigen die Netzentgelte, was den Strompreis zusätzlich belastet.
Natürlich ist das alles auch von den Gartenbaubetrieben zu zahlen, so wie ein großer Teil der Einnahmen des EEG-Kontos aus den mittelständischen Betrieben stammt. Denn anders, als es im Allgemeinen wahrgenommen wird, ist nur ein kleiner Teil der deutschen Wirtschaft von der EEG-Umlage als privilegiert zu betrachten. So leisten auch die Gartenbaubetriebe einen essentiellen Beitrag zum Gelingen der Energiewende in Deutschland.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ralph Lenkert (DIE LINKE))
Bei der Energiewende geht es zuallererst um Klimaschutz. Die Branche weiß ganz genau, was Klimawandel bedeutet, und stellt sich schon darauf ein, zum Beispiel mit neuen Sorten. Dafür ist eine breit aufgestellte Forschung notwendig. Deswegen heißt es in der Antragsüberschrift: „… Garten- und Landschaftsbau als innovativen Wirtschaftszweig stärken und zukunftsfest machen“.
Der Bund tritt weiterhin für eine leistungsfähige Forschung im Gartenbau ein und setzt sich gemeinsam mit den zuständigen Ländern dafür ein, dass die Forschung auf diesem hohen Niveau erhalten bleibt.
Aber die Branche trägt nicht nur mit der Zahlung der EEG-Umlage zur Energiewende bei, sie arbeitet auch aktiv am Klimaschutz mit, indem sie hilft, die Klimaziele zu erreichen, wie zum Beispiel durch die Senkung des Primärenergieverbrauchs. Wir alle unterstützen sie dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das Bundesprogramm zur Förderung von Effizienzmaßnahmen in Landwirtschaft und Gartenbau ist sehr erfolgreich.
(Beifall bei der SPD)
Es läuft seit dem 1. Januar 2016 und erfährt seitdem zunehmenden Zuspruch aus der Branche. Antragszahlen und Antragsvolumen haben sich sehr erfreulich entwickelt. Aktuell liegen 483 Anträge mit einem Gesamtvolumen von 11,8 Millionen Euro vor. Dafür, dass es so erfolgreich bleibt, wollen wir im nächsten Jahr die Mittel deutlich aufstocken.
(Beifall bei der SPD)
Damit lässt sich vor allem im Unterglasgartenbau eine Menge Energie und damit eine Menge Geld, aber auch eine Menge CO2 einsparen. Dem Klimaschutz möchte ich mich an dieser Stelle aber noch mehr widmen wollen. Der Ausstoß von CO2 ist nämlich bislang quasi kostenlos. Es gibt keine Gebühr für die Ablagerung von CO2 in der Deponie, die Atmosphäre heißt. Als ehemaliger Bürgermeister kann ich Ihnen aber sagen: keine Ablagerung und keine Abfallentsorgung ohne Gebühr.
Natürlich begeben wir uns damit in ein Spannungsfeld. Beispielhaft für das Spannungsfeld stehen die Ziele im Klimaschutzplan der Bundesregierung, deren Erreichen eine Umstrukturierung der gesamten Wirtschaft voraussetzt und eben auch den Gartenbau betreffen wird. In Ostfriesland sagt man: „Van lüttje Fisken worden Heekten groot“, was sehr frei übersetzt heißt: Kleinvieh macht auch Mist. – Zu den kleinen Maßnahmen im Entwurf des Klimaschutzplans der Bundesregierung gehört im Bereich Gartenbau vor allem die Reduktion des Torfeinsatzes.
In meiner Heimat Ostfriesland gibt es eben nicht nur viele Gartenbaubetriebe, viele Windenergieanlagen und viele andere einmalige, sehenswerte Dinge, sondern traditionell auch viel Torf. Torf wurde früher in den ärmsten Regionen unter bittersten Umständen gestochen, über die Kanäle in die Städte gebracht und gegen Lebensmittel getauscht. Torf ist ein essentieller Bestandteil des Gartenbaus. Wir alle wissen aber, dass der, der Torf abbaut, dem Klima extrem schadet.
In Niedersachsen wurde deshalb beispielsweise ein Programm ins Leben gerufen, das dem Schutz und der Entwicklung der niedersächsischen Moorlandschaften dient. Es besteht ein vielschichtiger Maßnahmenkatalog zur Verringerung der Torfzehrung und Torfsackung und damit zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Das Programm umfasst Maßnahmen zum Moorschutz und zur moorschonenden Bewirtschaftung. Dabei geht es beispielsweise um Wiedervernässung nach dem Torfabbau und um die Optimierung des Wasserhaushalts auf bereits renaturierten Flächen.
Ich weiß, dass der Gartenbau enorme Anstrengungen leistet, um Torf zu substituieren. Am Beispiel des Ökowerks in Emden möchte ich Ihnen heute demonstrieren, dass sich Klimaschutz, Torfsubstitution und Wirtschaftlichkeit nicht gegenseitig ausschließen:
Im Pomarium des Ökowerks werden rund 600 Apfelsorten kultiviert. Es gibt Apfelsorten, die so klein wir Kirschen sind, und es gibt Apfelsorten, die so groß wie kleine Kürbisse sind. In diesem Pomarium gibt es 600 verschiedene Geschmäcker, also deutlich mehr als die 25 Sorten, die es im Einzelhandel üblicherweise zu kaufen gibt. Als das Pomarium vor einigen Jahren eingerichtet wurde, bestand es noch komplett aus Topfkulturen. Mittlerweile stehen die jungen Bäume komplett in Beeten im Freiland – und das alles ohne den Einsatz von Torf.
Sicher werden jetzt einige sagen: Das geht doch gar nicht. Das ist viel zu teuer. Das kann man nur in Ostfriesland machen. – So ist es aber eben nicht. Im Gegenteil: Der Arbeitsaufwand hat sich durch die Umstellung reduziert. Man muss zum Beispiel am Wochenende nicht mehr nachschauen, ob die Tropfanlage irgendwo verstopft ist. Die Pflanzen bekommen auch so ganz natürlich genügend Feuchtigkeit.
Ich sehe hier also erst einmal die Schutzreaktion von Menschen, die umstellen müssen, nach dem Motto: Watt de Buur neet kennt, dat freet he neet. – Es kann aber eben doch funktionieren. Genau deshalb steht im Klimaschutzplan nicht nur irgendein Verbot, sondern dass man Beratungs- und Informationsmaßnahmen zur Nutzung von Torfersatzstoffen durchführen soll, damit sich diese Erkenntnis dann auch über Emden hinaus in Deutschland verbreiten kann.
Selbstverständlich sind in diesem Zusammenhang noch enorme Forschungsanstrengungen notwendig, aber so sicher, wie wir irgendwann unseren Strom komplett aus erneuerbaren Energien gewinnen werden, wollen wir den Torf zum Schutz des Klimas da lassen, wo er hingehört.
Ein großes Thema ist aktuell auch das Stadtgrün. Der Gartenbautag stand dieses Jahr unter dem Motto: „Mensch. Stadt. Grün“. Urbanes Grün trägt unmittelbar zu einer guten Nachbarschaft und einem sozialen Quartier bei. Deshalb unterstützt die SPD auch die Bestrebungen, dem Grün in der Stadt einen wichtigen Stellenwert einzuräumen.
So wie wir mit dem Mieterstrom die Erzeugung grünen Stroms in den Städten fördern und auch Menschen, die kein eigenes Haus besitzen, auf der Erzeugungsseite an der Energiewende beteiligen wollen, haben wir mit dem Stadtgrün vor, mehr Teilnahme am Grün zu ermöglichen. Das bedeutet bessere Freizeit, bessere Luft und damit ein gutes und soziales Leben miteinander im Quartier. Grünflächenparks, Spielplätze und andere Naturerholungsräume tragen zu einem guten Miteinander bei.
Ein weiteres wichtiges Thema, das gerade in allen Wirtschaftsbereichen diskutiert wird, ist „Digitalisierung und Industrie 4.0“. Die Digitalisierung verändert unser Leben, und sie verändert, wie wir arbeiten. Manche Menschen haben aber auch berechtigte Befürchtungen, dass die Digitalisierung dazu führt, dass sie im Endeffekt gar keine Arbeit mehr oder nur noch eine viel schlechter bezahlte Arbeit haben.
Im Gartenbau bietet die Digitalisierung Möglichkeiten zur Optimierung von Bestandserfassung, Orderprozessen und bedarfsgerechter Planung der Produktion. Diese Prozesse können also deutlich effizienter ausgestaltet werden, wodurch Aufwand und Geld gespart werden. Der Kundenkontakt kann ebenfalls substanziell weiterentwickelt werden. Ich habe in den vergangenen Wochen und Monaten mit ganz vielen Start-up-Unternehmen gesprochen. So wie vor 15 Jahren noch niemand an Smartphones und die Apps dachte, die dazugehören, wird es in den nächsten Jahren viele Entwicklungen geben, die heute bestenfalls schemenhaft zu erkennen sind.
Darin besteht eine große Chance für die wirtschaftliche Entwicklung. Aber diese Chance birgt natürlich wie jede Chance in gesellschaftlichen Umbrüchen gewisse Gefahren. Deswegen ist es für die SPD ganz wichtig, dass solche Weiterentwicklungen möglich gemacht werden, aber der Mensch bei der Weiterentwicklung in diesen Bereichen immer fest in den Blick genommen wird.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)