Sehr geehrter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich muss schon sagen: Allein durch die Tatsache, dass wir heute über Handelsabkommen sprechen und darüber, dass sie von der Europäischen Union verhandelt werden, kriegen wir ein Bild davon, was für eine Idee von Europa Vertreter einzelner Fraktionen haben. Ich höre immer wieder, dass die Kritik laut wird, die Idee von Europa sei überbordende Demokratie. Das Gegenteil ist der Fall, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Die Idee von Europa ist für mich Folgendes: Die Idee von Europa ist gemeinsames Wachstum. Die Idee von Europa ist gemeinsames Verständnis füreinander, ist gemeinsames Perspektivenentwickeln für Solidarität und für Wohlstand. Die Idee von Europa ist gemeinsamer Frieden. Das steht über allem und nicht die Bürokratie, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
Heute setzen wir uns mit sehr gegensätzlichen Anträgen zum Thema Handelsabkommen auseinander. Der FDP geht es nicht schnell genug mit der Ratifzierung von CETA, und die Fraktionen der Grünen und der Linken sehen die bereits ausgearbeiteten Konzepte und Ansätze für ein Handelsabkommen mit Japan kritisch. Lassen Sie mich zunächst zu CETA kommen. Mein Kollege Bernd Westphal hat schon bei der ersten Lesung gesagt, wir sollten uns jetzt, wo das Bundesverfassungsgericht und übrigens auch der Europäische Gerichtshof noch über CETA zu entscheiden haben, nicht mit dem Abkommen befassen. Das gebietet einfach der Respekt unseres Hauses gegenüber dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Und da sich die zuständigen Institutionen in Brüssel, nämlich das Europäische Parlament, die EU-Kommission und der Rat, bereits für CETA entschieden haben, wird es seit dem 21. September 2017 auch vorläufg angewendet. Daher besteht jetzt erst mal Sicherheit für die Wirtschaft, die die Vorteile nutzen kann, die CETA auch und gerade dem deutschen Mittelstand bietet. Also lassen Sie uns erst mal die Entscheidung der Gerichte abwarten, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Dem einen geht das alles mit CETA nicht weit genug, dem anderen geht das alles zu weit. Wenn up beid Sieden Hauhner kakeln, büst up recht Padd. Wir werden sehen, ob die Gerichte den richtigen Weg bestätigen können.
Lassen Sie mich nun zu den zwei Oppositionsanträgen zum Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU mit Japan kommen. Es ist ja richtig, wenn wir grundsätzlich auch mit einem kritischen Auge auf unsere Handelspolitik schauen. Nicht nur in Deutschland und Europa ist in den letzten Jahren die Skepsis gegenüber Handel und Globalisierung gestiegen. Viele Berufsgruppen und zahlreiche Arbeiter und Angestellte haben das Gefühl, dass sie durch die Globalisierung aus ihren Berufen gedrängt werden oder durch den internationalen Wettbewerb in Zukunft ihren Arbeitsplatz verlieren könnten.
Ich habe in der Hochphase der TTIP-Diskussion mit vielen Menschen in meiner Heimat darüber gesprochen, und es gab tendenziell – das kann man so sagen – durchaus eine ablehnende Haltung zum Freihandel. Ostfriesland ist eine Region, in der unter anderem ein großer Automobilkonzern der größte Arbeitgeber ist. Noch dazu werden in Emden die produzierten Autos verschifft und in die ganze Welt geliefert.
Nicht nur die Sorgen hinsichtlich der möglichen Ausnutzung von Regeln aus unfairen Abkommen belasten die Menschen. Mindestens ebenso belasten sie die Sorgen wegen der Auswirkungen der neuen US-amerikanischen Handelspolitik und des um sich greifenden Protektionismus.
(Beifall bei der SPD)
Strafzölle auf Autos haben nicht nur in Ostfriesland Auswirkungen, sondern in ganz Deutschland. Deutschland proftiert direkt vom Welthandel. Deshalb lehnen wir den Antrag der Linken ab, der das Abkommen ablehnt und für ein Abkommen unmögliche Forderungen aufstellt.
Auch wir wollen keinen Freihandel um jeden Preis. Es ist gerade unser Anliegen als SPD, eine nachhaltige und faire Handelspolitik weltweit durchzusetzen.
(Beifall der Abg. Dr.Nina Scheer [SPD])
Glauben Sie mir: Keine andere Partei als die SPD hat in den letzten Jahren eine so differenzierte Analyse erstellt und einen so intensiven Dialog über das Für und Wider von Handelsabkommen geführt,
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch das stimmt nicht!)
vielleicht – das muss man dabei sagen – nicht immer zum Wohle der Sozialdemokratie.
(Beifall bei der SPD)
Aber gerade dadurch ist es uns in Zusammenarbeit mit unseren sozialdemokratischen Kollegen im Europäischen Parlament in der letzten Legislaturperiode gelungen, deutsche und europäische Standards für Verbraucher, Arbeitnehmerrechte, Umweltschutz und den Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge in Handelsabkommen zu verankern.
(Beifall bei der SPD)
Wir wissen: Die Menschen sind nicht generell gegen freien Handel; sie sind gegen Einschränkungen von gesellschaftlichen Errungenschaften durch unfaire Handelsabkommen. Darauf ist generell unser Augenmerk zu richten. Das gilt natürlich auch für das Abkommen mit Japan, insbesondere mit Blick auf die gesondert zu verhandelnden geplanten Konzernklagerechte.
In dieser Zeit, in der ein amerikanischer Präsident seinen Launen über Twitter freien Lauf lässt, müssen wir froh sein, dass wir Partner wie Kanada und Japan an unserer Seite haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das Desaster des G-7-Gipfels, der ohne gemeinsames Ergebnis beendet wurde, zeigt doch die Notwendigkeit der Neuorientierung der EU.
Japan ist seit langem einer unserer wichtigsten Handelspartner in Asien. Uns verbinden viele gemeinsame Werte. Das ist allemal ein Handelsabkommen wert.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)