Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Liebe Präsidentin!
Ich möchte heute die Lage der Fischerei beleuchten. Wir haben im Agrar- und Ernährungsbereich eine ganze Menge Themen zu beleuchten, aber heute hat keiner über Fischerei gesprochen. Ich glaube, es ist an der Zeit, darüber zu sprechen.
(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Christian Haase! – Stephan Protschka [AfD]: Dann waren Sie nicht anwesend bei den Reden!)
Herr Haase, Entschuldigung. Aber keiner der Berichterstatter hat über Fischerei gesprochen. – Es fand in der Vergangenheit aus meiner Sicht überhaupt viel zu wenig Bedeutung. Deswegen gehört es in diese Debatte hinein. Die Fischerei gehört nämlich generell nicht gerade zu einer Branche, die verwöhnt ist. Oft mussten die Fischer und deren Familien mit wenig auskommen. In Ostfriesland sagt man: Een lüttje Fisch up Disch is beter, as’n groot Fisch in’t Deep.
(Beifall bei der SPD)
Aber die Fischerei ist wichtig, meine Damen und Herren – wichtig als Wirtschaftsfaktor über die einzelnen Wertschöpfungsstufen, wichtig für gesunde Ernährung in Deutschland, aber auch wichtig – um das nicht zu vergessen – für den Tourismus. Stellen Sie sich zum Beispiel vor: Sie haben einen Fischerhafen, und am Ende gibt es dort überhaupt keine Fischerei mehr. Die Touristen würden nicht mehr kommen. Von daher ist es wert, dass wir uns darum kümmern.
(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Aktuell ist die Lage schwieriger denn je und mit ganz vielen Ungewissheiten verbunden. Der Brexit hängt wie ein Damoklesschwert nun schon seit Jahren über der Fischerei in der Nordsee. Am 12. Dezember dieses Jahres sind Neuwahlen in Großbritannien. Abgesehen davon, dass das ganze Verfahren zum Brexit einer Demokratie eigentlich unwürdig erscheint,
(Stephan Protschka [AfD]: Volksbefragungen sind unwürdig! Von einem Sozi!)
wissen unsere Fischer nicht, ob und wie lange sie 2020 noch in britischen Gewässern fischen können. Gleichzeitig mussten die Fangquoten für die Ostsee massiv gekürzt werden. Beim Dorsch ist die Sterblichkeit aufgrund von Umweltbelastungen dreimal so hoch wie die fischereiliche Sterblichkeit. Kein anderer Fischbestand in europäischen Gewässern befindet sich in einer solchen Lage. Die Fangmöglichkeit für die nächsten Jahre beträgt fast null. Der Dorschbestand bräuchte Jahre, um sich wieder davon zu erholen. Viele Fischereibetriebe in der Ostsee stehen vor dem Aus. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine Tragödie an der Küste.
Mit dem vorliegenden Haushalt wollen wir die massiven Veränderungen wenigstens finanziell abfedern. Aber auch um andere Fischerei, nicht nur um Dorsch- und Heringsfischerei, werden wir uns kümmern müssen. In Zukunft werden wir die Unbilden auch von der Krabbenfischerei abhalten müssen. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei unseren Haushältern, insbesondere bei Ulli Freese, dafür bedanken, dass es uns gelungen ist, hier eine Abfederung vorzunehmen und für die Menschen finanzielle Sicherheit zu schaffen.
(Beifall bei der SPD)
Wir unterstützen das Landwirtschaftsmuseum
(Lachen bei der AfD)
– das Landwirtschaftsministerium dabei, dass die Gelder auch sinnvoll verwendet werden können. Bislang gab es nur einen Vorschlag für die Hilfe beim Ostdorsch.
(Zuruf des Abg. Stephan Protschka [AfD])
– Haben Sie sich noch nie versprochen in Ihrem Leben?
(Stephan Protschka [AfD]: Ich meine ja nur! Wenn Sie so weiter tun, brauchen wir bald ein Museum, weil dann haben wir keine Landwirtschaft mehr! Stephan Brandner [AfD]: Ich glaube, Sie haben sich gar nicht versprochen!)
Sie können ja gerne eine Zwischenfrage stellen, wenn Sie wollen, Herr Protschka.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nicht Protschka!)
Bislang gab es nur einen Vorschlag für die Hilfe beim Ostdorsch. Die Ministerin
(Stephan Brandner [AfD]: Museumsdirektorin!)
hat sich persönlich in Brüssel dafür eingesetzt, dass das erweitert wird. Letzte Woche haben wir den Bescheid bekommen, dass es auch auf den Westhering und den Westdorsch übernommen wird. Wir sind ja nicht in allen Themen einer Meinung, Frau Klöckner – das kann man, glaube ich, so sagen –, aber an dieser Stelle bedanke ich mich ganz herzlich bei Ihnen und auch bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für Ihren Einsatz für die Fischer in Deutschland.
Vizepräsidentin Claudia Roth: Herr Saathoff, Ihre Redezeit.
Ich glaube, abschließend sagen zu können, dass es Zeit wird für eine Strukturkonferenz Fischerei; denn die Situation ist wirklich besorgniserregend. Ich würde mich freuen, wenn das aufgenommen werden würde und wir
damit den Fischern helfen könnten.
(Beifall bei der SPD)
Vizepräsidentin Claudia Roth: Halt, stopp, wie immer darf ich, aus Süddeutschland kommend, Sie bitten, uns Ihre friesischen Weisheiten zu übersetzen.
Frau Präsidentin, ich dachte, wir hätten keine Zeit mehr. Das mache ich ganz gerne: Ein kleiner Fisch auf dem Tisch ist immer noch besser als ein großer Fisch im Kanal.
Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)